Kuna Yala2 – Garten Eden mit strengen Vorschriften

Nach den Wegepunkten im Revierführer „The Panama Cruising Guide“ von Eric Bauhaus segeln wir mit 5 Knoten Fahrt und moderater Welle von Nordost die Küste entlang, sorgsam navigierend, denn die Gewässer sind gespickt mit Flachstellen und kleinen Riffen – und kleinen unbewohnten Robinsoninseln mit Palmen und Sandstränden. Isla Tigre ist unser nächstes Ziel, hier warten Marja und Axel mit der SY Tuulivei schon auf uns. Wir wollen im März gemeinsam durch den Panama Kanal und dann in die Südsee segeln. Abendessen auf der Tuulivei, es gibt viel zu erzählen und Informationen auszutauschen.

Isla Tigre sieht von der Ankerbucht aus nicht sehr ansprechend aus. Doch über den Hütten wehen bunte Wimpel. Sollte denn hier ein Fest stattfinden? Da hören wir auch schon von Andrea und Heinz auf dem VHF Kanal 72, dass sie gehört hätten, dass am Wochenende hier ein großes Fest stattfindet, was genau, wüssten sie nicht, aber auf jeden Fall ein traditionelles Fest, das wollen wir uns auch nicht entgehen lassen. Im Dorf sehen wird dann, dass man sich fürs Fest, die 100 Jahr Feier der Gründung von Isla Tigre, schon vorbereitet hat. Über den sauber gefegten Lehmstraßen sind gelbe und grüne Dreieckwimpel an Leinen gespannt, so wie bei der Horber Fasnet die weiß-roten. Jede Hütte hat eine Flagge in den Inselfarben gelb-grün. Eine Bühne und eine Lautsprecheranlage ist aufgebaut und für die Beleuchtung wird natürlich ein Generator benötigt. Normalerweise gibt es im Dorf kein Licht, von ein paar Petromaxlampen im Congreso mal abgesehen. Denn, wenn es abends dunkel wird, dann legt man sich zum Schlafen in die Hängematte und am nächsten Morgen, wenn es um 6 Uhr hell wird, steht man wieder auf und geht seiner Arbeit nach. Kuna - Energie - Sparprogramm.

Das Dorf ist mit Fahnen und Wimpeln geschmückt
Molas, Molas, Molas
Molannäherin mit Mola  im Anfangsstadium
Die Molas sind Bestandteil der Bluse
Tanzgruppe vor dem Auftritt
Eröffnungstanz
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Marja und Renate beim Kinderknuppeln
Überall traumhafte, leere Strände
Unsere Nuku'alofa vor Anker in den Hollandes Cays

Da wir noch einen Ausflug aufs Festland in den Regenwald machen wollen, ist Isla Maquina unser nächstes Ziel. Kaum dass der Anker gefallen ist, werden wir von den Kindern und Frauen in ihren Ulus begrüßt. Jeder will uns etwas verkaufen, die Kinder wollen an Bord kommen, doch wenn man das erlaubt, so sitzt bald das ganze Dorf an Bord. Wir empfinden das schon etwas lästig. Molas darf ich auch keine mehr kaufen, Helmut hat ein Molakaufverbot ausgesprochen, denn wir brauchen fürs Permit und die Zarpe, die uns erlaubt nach Colon zu fahren, schließlich auch noch 80 US$. Mit Pablo und seiner Familie fahren wir zusammen mit der Tuulivei Crew am nächsten morgen zum 2 Meilen entfernten Festland und dem kleinen Flusslauf, den wir ein Stück hinauffahren. Pablos Frau will zum Friedhof und wir dürfen ausnahmsweise mitgehen. Normalerweise ist es nicht erlaubt, dass ein Nicht-Kuna  den Friedhof betritt. Jede Familie hat auf dem Friedhof einen abgegrenzten Bereich, wo die Toten begraben werden. Auf den Gräbern stehen Schüsseln, Teller und Becher, die die Toten zu Lebzeiten benutzt haben. Pablos Frau hat in einem Tongefäß etwas Glut von zu Hause mitgebracht und entzündet an der nahen Feuerstelle ein Feuer, um die mitgebrachten Kakaobohnen im Tongefäß zu rösten. Diese bringt sie zum Grab ihrer Mutter und legt sie in das Essgeschirr auf dem Grab. Pablo erzählt uns, dass die toten in ihren Hängematten beerdigt werden. Es wird ein 2 Meter langes und 2 Meter tiefes Grab ausgehoben, Pflöcke hineingeschlagen und die Hängematte daran befestigt. Die gesamte Grabstätte der Familie ist von einer Hütte ohne Seitenwände abgedeckt. Die Kinder und die Schwägerin von Pablo säubern die Grabstätte von Blätter und Holz. Während der 2 stündigen Wanderung durch den Regenwald zeigt uns Pablo was der Regenwald zu bieten hat und die verschiedenen Anbauflächen, die von den Familien bewirtschaftet werden. Immer wieder kreuzt der schmale Pfad den kleinen Flusslauf, der nur wenig Wasser führt, aber unsere Füße mit kühlem Süßwasser erfrischt. Den weiteren 2 stündigen Weg in der feuchtschwülen Luft des Regenwaldes bis zum Wasserfall ersparen wir uns, denn viel Wasser kann da gar nicht fallen. Auf der Rückfahrt mit dem Ulu gibt’s dann noch frische Trinkkokosnüsse und das weiche Kokosfleisch schmeckt köstlich.

Unsere Zeit in Kuna Yala neigt sich dem Ende zu, wir verabschieden die Tuulivei-Crew mit ihren Gästen Hans und Detlef, die schon ein paar Tage vor uns in Colon sein wollen. Wir holen in Porvenir unser Zarpe und gönnen uns noch ein paar Tage in den East Lemon Cays.

Unbeschwertes Spielen
Damit hat der Skipper nicht gerechnet, als dem ersten Kuna erlaubte an Bord zu kommen
Ein Kuna-Grab mit tönernem Essgeschirr
Pablos Frau am Grab der Eltern

In manchen Dörfern ist das neben dem Verkauf von Kokosnüssen die einzige Möglichkeit, etwas zu verdienen. Wir kommen mit Magdalena, einer 33 jährige Witwe mit 7 Kindern, ins Gespräch. Sie bietet sehr exakt genähte Molas mit traditionellen Mustern an und da muss ich dann doch noch 2 weitere Molas kaufen. Beim abendlichen Eröffnungsfest tragen die Frauen die Blusen mit festlichen Molas und wir können uns an diesen farbenfrohen Motiven nicht satt sehen. Die Tanzgruppe eröffnet das Fest, die Männer spielen auf einem panflöteähnlichen Instrument aus Bambusröhren die traditionelle Musik, dazu schreiten die Paare dann in einem wippenden Schritt zur Bühne. Wir verstehen nur so viel, dass bei jedem Tanz eine Dorfschönheit zur Bühne geleitet wird, ebenso werden 2 Kinder, die Krönchen für die Schönheitskönigin auf einem Kissen tragen, zur Bühne geleitet. Wir durften zusammen mit den anderen Seglern als Gäste in der ersten Reihe sitzen, um auch ja nichts vom Fest zu versäumen. Die Kunafrau Magdalena tanzt in der Tanzgruppe mit, ihre kleinen Mädchen setzen sich zu Marja und mir und wollen mit uns kuscheln. Wir sind ihre neuen „amigas“.

Bei den Kunas nehmen die Frauen und Mädchen eine besondere Stellung ein. Im sozialen und rituellen Leben stehen sie im Mittelpunkt. Alle Feste sind Feste, bei denen ein wichtiges Ereignis im Leben der Frauen gefeiert wird. Der Mann bekommt erst mit dem Zeitpunkt der Heirat eine soziale Funktion. Er zieht zur Familie seiner Frau und lebt und arbeitet mit deren Familie. Eine wichtige Zeremonie findet während der Pubertät statt. Dieses Fest heißt Inna Nuga. Bei diesem Fest erhält das Mädchen den Namen, den es während seines übrigen Lebens behalten wird und das Haar wird ihr geschnitten. Nach diesem Fest, das für die Eltern ein großer Aufwand und finanzielle Belastung ist, ist das Mädchen heiratsfähig.

Die Wege sind blitzblank gefegt
Eröffnungsveranstaltung

Von allen Seiten werden wir freundlich begrüßt, zum Saila geführt und unsere Ankergebühren, diesmal 5 US$ fürs Schiff und 6 US$ für 2 Personen, sind im „Sekretariat“ bei der kleinen Ferienanlage am Ende der Insel zu entrichten. Dort gibt es auch ein kaltes Bier, der Kühlschrank wird mit Gas betrieben. Wir spazieren durchs Dorf, die Kinder hängen wie die Kletten an uns, fragen nach unserem Namen und wo wir herkommen, jetzt sollte man besser spanisch sprechen können. Wir wursteln uns so durch. Am Freitagabend ist die Eröffnungsfeier mit Tanz und wir sind herzlich eingeladen. Ein Volleyballturnier mit Mannschaften von anderen Inseln findet am Samstag statt, ein Kanurennen dann am Sonntag. Fürs gemeinsame Frühstück der Inselbewohner und die abendlichen Snackstände liegen die Lebensmittelvorräte auch schon bereit. An jeder Hütte werden uns Molas präsentiert und wir werden von allen Seiten bedrängt, sie uns näher anzuschauen. Das lassen sich Andrea, Marja und ich nicht zweimal sagen. Eine Mola besteht aus mehreren Lagen verschiedenfarbigen Stoffs. Die unterste Stofflage dient als Basis und bleibt intakt. Dann wird das jeweilige Muster aus der oberen Stofflage geschnitten und mit der Hand die Ränder mit der gleichen Garnfarbe abgenäht. Dieser Vorgang wird nach Anzahl der Stofflagen wiederholt.

Die unterste Stofflage zählt nicht mit, der Preis einer Mola richtet sich nach der Anzahl der Stofflagen und je nachdem wie aufwendig das Muster zu nähen ist. Die Stiche sind so fein gearbeitet, dass man oft nur auf der Rückseite der Mola sieht, dass genäht wurde. Das Weltbild der Kunas besteht aus acht Welten, die übereinander liegen – so wie die Stofflagen der Molas übereinander liegen. Die ersten Molamuster sind von der früher verwendeten Körperbemalung abgeleitet. Die Bilder zeigen Alltagsszenen Tiere, Menschen und christliche Motive. Die ausgeschnittenen Muster werden dafür noch durch Applikationen und Zierstiche und Patchworkmuster verschönert, was den Wert einer Mola erhöht. Einfache, für Touristen hergestellte Molas bestehen nur aus 2 Stofflagen mit aufgenähten Applikationen und kosten meist 10 US$. Der Wert einer Mola ist von verschiedenen Faktoren abhängig: der Anzahl der Lagen, der Verarbeitung, dem Muster, der Farbzusammenstellung, der Schärfe, mit der die Figuren abgebildet und unterscheidbar sind. Der Preis steigt dann  auf 15,20,25,30,50 US$ und mehr. Die Molas spielen nicht nur eine herausragende Rolle in der Identität der Kunafrauen, sie stellen auch eine wichtige finanzielle Einnahmequelle dar.

Nach diesem Festwochenende, in Deutschland feierte man gerade Fasnet, ziehen wir weiter und genießen in den Coco Banderos, 4 unbewohnten Palmeninselchen, die Ruhe, schwimmen im herrlich klaren Wasser und einfach mal Nichtstun. Die Hollandes Cays, unsere nächster Ankerplatz, ist das am weitesten vom Festland gelegene Außenriff mit einer bewohnten Insel. Die Einfachheit, in der die Menschen hier glücklich und zufrieden leben, macht uns nachdenklich. Hier gibt es nicht mal Trinkwasser, es wird in Fässern vom Festland herübergeholt. Wir bringen den Familien T-Shirts, Shorts, Seife und Milchpulver mit. In den East Lemon Cays nur 8 Meilen weiter kommt ein Versorgungsboot und verkauft Obst und Gemüse an die Yachties, außerdem backt auf der kleinen Insel Banedup eine Kuna kleine leckere Kunabrote aus Weißmehl. In dem kleinen Laden steht ein großer weißer Backofen, der ebenso wie der Kühlschrank für kalte Bier, mit Gas betrieben wird.  Ein schöner ruhiger, aber von Yachties gerne besuchter Ankerplatz. In Porvenir klarieren wir am Flugplatz ein, allerdings ist der Hafenkapitän nicht da, sodass wir unser Permit nicht bekommen. Wir müssen also noch mal herkommen. In Wichuhuala, der Nachbarinsel gibt es im kleinen Laden Zwiebeln, Kartoffel und sogar ein ganzes Hähnchen.